Er ist eine der profiliertesten Persönlichkeiten in Österreichs Weinwelt, der Winzer und Schlossherr von Gobelsburg, Michael Moosbrugger. Wieder einmal hat er eine Vinaria Verkostung gewonnen. Im Interview über die Faktoren für das Lagerpotenzial der Mittelgewichte und überraschenden Weingenuss auf Sri Lanka.

Vinaria: Domaene Gobelsburg KAMPTAL DAC Riesling 2022 hat sich hervorragend präsentiert. Woher stammt dieser Wein?

Michael Moosbrugger: Für den KAMPTAL ziehen wir rezent Weingärten aus den tiefer gelegenen wie auch aus den höher gelegenen Bereichen des Tals heran. Die Trauben stammen also sowohl aus dem oberen als auch aus dem unteren Kamptal – dabei handelt es sich vor allem um Weingärten in den höheren Gemeinden Mollands und Schönberg sowie tiefer gelegenen und wärmeren Lagen aus Gobelsburg und Langenlois. Lagenmäßig handelt es sich um einen Mix aus vor allem Hanglagen und einigen Tallagen, mehrheitlich Urgesteinsböden, dazu ein paar Lösslagen, aber auch eine Lage mit Tertiärschotter. Auch in Sachen Rebenalter reicht die Spanne von jung bis alt.

Vinaria: Was soll dieser Wein als typischer Gebietswein mitbringen?

Michael Moosbrugger: Für uns im Mittelpunkt steht die Frage: Wofür steht das Kamptal? – eben für die unterschiedlichen Lagen, geologischen Verhältnisse und Mikroklimata, also die Terroirs. Dieser Wein soll das Gebiet repräsentieren, daher verwenden wir eben diesen Mix aus verschiedenen Bereichen. Reife lukrieren wir eben aus den tieferen Lagen, Frische, Trinkfreudigkeit und Pikanz liefern die höheren Lagen; dazu kommen Würzeelemente aus beiden Bereichen.

Bei diesem Wein bemühen wir uns, ihn seiner typischen Verwendung entsprechend zu keltern. Ein typischer KAMPTAL DAC ist ein Speisenbegleiter, wird also vor allem zum Essen genossen. Daher stellen wir bei diesem Wein die Aromatik bewusst hintan, weil allzu aromatische Noten einschränken oder teilweise stören können.

Vinaria: Der Wein läuft unter der Bezeichnung „Domaene Gobelsburg“, ihr anderer mittelgewichtiger Riesling unter „Schlosskellerei“. Wie unterscheiden sich diese Weine?

Michael Moosbrugger: Domaene Gobelsburg ist ein reiner Weingutswein, das heißt, die Trauben stammen samt und sonders aus gutseigenen Weingärten des Weinguts Schloss Gobelsburg. Die Weine aus der Linie Schlosskellerei Gobelsburg können hingegen auch Traubenzukauf enthalten. Diese Linie repräsentiert quasi Weine des Donauraums, wofür häufig Fantasienamen wie Urgestein oder Löss verwendet werden. Herkunftsmäßig ist dieser Wein überwiegend aus dem Kamptal, dazu kommen kleinere Anteile aus anderen Bereichen – also Traisental, Wagram und Kremstal.

Vinaria: Wie waren die klimatischen Verhältnisse in Langenlois im Jahr 2022?

Michael Moosbrugger: Der Jahrgang verlief bei uns phasenweise sehr unterschiedlich zu den umliegenden Gegenden. Der Winter und das Frühjahr waren geprägt durch Trockenheit, es gab einen späten Austrieb, weswegen wir auch keinen Spätfrost hatten. Das weitere Jahr war dann geprägt durch sehr viel Niederschlag. Ab Mai nahmen nämlich die Niederschläge beständig zu, und im Juli, wo in den meisten Gebieten bereits die Dürrephase begonnen hatte, hatten wir über 130 Liter Niederschlag. Auch im August gab es Regen, dafür hatten wir erfreulicherweise im September und Oktober wesentlich geringere Niederschläge als manche der umliegenden Gebiete. Zudem handelte es sich um ein relativ kühles Jahr. Die Weine präsentieren sich schon früh relativ zugänglich und erfreuen sich großer Beliebtheit.

Vinaria: Welche Trinkfenster gibt es für solche und durch welche Eigenschaften sind sie charakterisiert? Wie lange kann man exzellente Rieslinge dieser Gewichtsklasse mit Genuss trinken?

Michael Moosbrugger: Selbstverständlich können auch leicht- und mittelgewichtige Weine über sehr gutes Lagerpotenzial verfügen – es handelt sich eher um einen Mythos, dass Weine dieser Kategorien wenig Lagerpotenzial aufweisen. Uns wurden heuer auf Sri Lanka einige unserer Domaene-Weine aus früheren Jahrgängen serviert, etwa 2016 und 2017, die fantastisch waren. Für das Lagerpotenzial dürften eher andere Faktoren verantwortlich sein, wobei man dazu schwer konkrete Angaben machen kann, sondern es handelt sich eher um Mutmaßungen. Methoden der Vinifikation könnten einen wichtigen Einfluss haben – so könnten reduktiver Ausbau und prägnante Aromatik die Reifungsfähigkeit etwas einschränken. Physiologische Reife der Trauben und die innere Balance zählen für mich zu wichtigen Voraussetzungen für Lagerfähigkeit.

 

Topliste: Rieslinge 2022 aus Österreich (Auszug)

16,6 Weingut Schloss Gobelsburg 2022 Domäne Gobelsburg RI KA
16,5 Weingut Familie Proidl         2022 RI „Steilheit“ KR
16,4 Weingut Bründlmayer 2022 RI Kamptal Terrassen KA
16,3 Weingut Tom Dockner 2022 RI Parapluiberg TR
16,2 Weingut Schauer 2022 RI Kitzeck-Sausal SST
16,2 Weingut Topf 2022 RI Strass im Strassertal KA
16,1 Weingut Bannert 2022 RI Vom Urgestein Selektion NÖ
16,1 Weingut Barbara Öhlzelt 2022 Zöbinger RI KA
15,9 Weingut Schmelz 2022 RI Stein am Rain Federspiel WA
15,8 Weingut Tom Dockner 2022 RI Inzersdorf TR
15,7 Weingärtnerei Maximilian Aichinger 2022 RI Terrassen KA
15,7 Weingut Braun 2022 RI Ried Simbach WA
15,7 Weingut Schwarzböck 2022 RI Hagenbrunn NÖ
15,7 Weingut Steinschaden Schiltern 2022 RI Langenlois KA
15,6 Weingut Rixinger 2022 RI Ried Kalkofen Federspiel WA
15,6 Weingut Reinhard Topf 2022 RI Ried Gaisberg KA
15,5 Weingut Buchegger 2022 RI Gedersdorf KR
15,5 Weingut Josef Edlinger 2022 RI Mitanaund WA
15,5 Weingut Müller 2022 RI Ried Silberbichl KR
15,5 Weingut Sigl 2022 RI Federspiel WA
15,5 Weingut Steininger 2022 RI Langenlois KA
15,4 Gerhard Deim 2022 RI Schönberg KA
15,4 Domäne Wachau 2022 RI Ried Loibenberg Dürnstein Federspiel WA
15,4 Weingut Roman Gritsch 2022 RI Ried Setzberg Federspiel WA
15,4 Weingut Huber 2022 RI Getzersdorfer Engelsberg TR
15,4 Weingut Schmid 2022 RI Gobelsburg KA
15,4 Weingut Paul Stierschneider 2022 RI Terrassen Ried Loibenberg Federspiel WA

 

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