Auf dem Weg zur Spitze: Seit Übernahme der Betriebsführung der Hofkellereien des Fürsten von Liechtenstein durch Stefan Tscheppe hat sich in Wilfersdorf und Vaduz einiges getan. 

Prinzessin Marie © Hofkellerei des Fürsten von Liechtenstein

Das fürstliche Haus Liechtenstein hat mit Österreich wie auch mit dem Weinbau enge Verbindungen. Bereits die Stammburg des alten Adelsgeschlechts im Süden von Wien wurde in einer Gegend errichtet, die bis heute als vorzügliches Weinbaugebiet gilt. Im Weinviertel betreibt das Fürstenhaus seit mehr als 600 Jahren Weinbau, der fürstliche Betriebssitz liegt im Weinort Wilfersdorf.

In Vaduz, dem Hauptort von Liechtenstein, befindet sich vor der landschaftlichen Kulisse des auf 1942 Meter Seehöhe hinaufreichenden Alpspitzes auf einer Lage von 450 Metern Seehöhe ein Weinberg mit dem Namen „Herawingert“, wörtlich „Herrenweingarten“ respektive „fürstlicher Weingarten“.

Vor etwas mehr als vier Jahren wurden die Hofkellereien des Fürsten von Liechtenstein auf gänzlich neue Beine gestellt: Stefan Tscheppe übernahm 2019 die Betriebsleitung in Vaduz und Wilfersdorf. Zuvor hatte er im südsteirischen Weingut Eduard Tscheppe gewirkt, sodann die Geschicke des Weinguts Perry Creek in Kalifornien verantwortet und hernach das burgenländische Weingut Esterházy geleitet.

Prinzessin Marie und Stefan Tscheppe

In seinem neuen Wirkungsbereich bildet er nun gemeinsam mit Prinzessin Marie von und zu Liechtenstein das Führungsduo. Prinzessin Marie, die auch eine Ausbildung als Sommelière abgeschlossen hat, ist innerfamiliär verantwortlich und bringt sich punkto Repräsentanz und Marketing ein. Gemeinsam haben sie ein junges ambitioniertes Team um sich versammelt.

Ab 2019 erfolgte eine Neuausrichtung der beiden Kellereien und eine Überarbeitung der Weinstilistik, wobei für Stefan Tscheppe von vornherein feststand, dass der Herkunftsgedanke wie auch das stete Bemühen um feingliedrige Weine in allen Qualitätsstufen den Fokus bilden sollten.

Cuvée-Linie aus Veltliner & Riesling

Rund 30 Hektar fürstliche Anbaufläche finden sich in den von Löss geprägten Weinviertler Rieden Karlsberg und Johannisbergen rund um Schrattenberg und Herrnbaumgarten. Die dominanten Sorten sind hier Riesling und Grüner Veltliner. Eine wesentliche Neuerung ist die neue Cuvée-Linie mit diesen Sorten sowohl im Segment der Ortsweine als auch bei den Lagenweinen wie auch bei den prickelnden Produkten.

Im Sinne des neuen Leitsortengedankens, fokussierend auf Riesling und Grüner Veltliner, werden derzeit Weinviertler Zweigeltanlagen mit alten Rebstöcken auf diese Sorten umveredelt. Eine Zukunftsperspektive des Betriebs ist seine angestrebte Einbindung in den Verband der Österreichischen Traditionsweingüter (ÖTW).

Umstellung auf Biobetrieb

Von Wilfersdorf aus werden Flächen im Burgenland mitbetreut, auf denen Chardonnay- und Blaufränkisch-Reben gedeihen. Konkret handelt es sich um die mit starken Muschelkalkformationen durchsetzten Rieden Sulzinger Kogel und Kramer bei St. Margareten sowie die von Kalk und Schiefer geprägte Ried Mitterberg bei Breitenbrunn. Die aus diesem Bereich stammenden Gewächse ergänzen neuerdings die Premiumlinie der Hofkellerei.

In Vaduz, im Fürstentum Liechtenstein, werden auf dem seit 1712 bewirtschafteten, rund vier Hektar umfassenden Rebberg „Herawingert“ auf Schiefer- und Kalkböden zu 90 Prozent Pinot Noir und zu 10 Prozent Chardonnay angebaut

Der Betrieb befindet sich derzeit in Umstellung auf biologische Produktion. Durch einen Mix aus ausgewählten neuen sowie gebrauchten Barriques und Tonneaus soll eine optimale Balance zwischen Frische und Struktur des Weins geschaffen werden. Sämtliche Gewächse aus dem Fürstentum werden direkt in der Hofkellerei Vaduz verarbeitet, gefüllt und von dort ausgeliefert.

Vinaria Kostnotizen

Den Auftakt machte der FL Premier Brut, ein herrlich-trinkvergnüglicher Premiumsekt aus Riesling und Grüner Veltliner mit geringer Dosage, der in seiner frischen, ziselierten und harmonischen Art gefiel (17 Euro).

Es folgte eine Gegenüberstellung der Gewächse der Jahrgänge 2020 und 2021 aus der Hofkellerei, wobei ein erstaunlicher Entwicklungsschritt nachzuvollziehen war. Wenngleich auch die 2020er-Weine in ihrer fruchtbetonten Art gefielen, so war durchwegs zu erkennen, dass die 2021-Formate mit einer außerordentlichen Struktur sowie Finesse zu überzeugen vermochten.

Nach einem blitzsauberen und sortentypischen 2021er Weinviertel DAC (Grüner Veltliner) mit animierendem, feinwürzigem Charakter kam die von Kalk und Löss geprägte Cuvée Herrnbaumgarten aus 50 Prozent Riesling und 50 Prozent Grüner Veltliner ins Glas, die sich kräuterwürzig, straff, mineralisch, saftig und balanciert präsentierte.

In gleicher Weise überzeugte Ried Karlsberg Grüner Veltliner 2021 in seiner feinen, dezenten, geradezu feierlichen Art. Als einer der Höhepunkte des Sortiments darf der vitale, präzise wirkende und zugleich dichte, von hellfruchtigen Akzenten geprägte 2021 Riesling Karlsberg Privat gelten, der klare, helle Steinobstaromen ins Glas zauberte.

Noch wertiger angesetzt ist die Cuvée Ried Karlsberg, die der Weinlinie entsprechend aus Riesling und Grüner Veltliner zusammengesetzt ist. Im aktuellen Jahrgang präsentiert sie sich nobel-zurückhaltend im Bouquet, mit Anklängen nach Grapefruit und Weißbrot im Geschmacksbild, fein abgestimmt, dicht und klingt zartfruchtig aus, wobei die Eleganz des Rieslings den Ton angibt.

Eleganz und Kraft vom Leithaberg

Der Chardonnay Leithaberg DAC stammt aus einer vorzüglichen Burgunderlage bei St. Margarethen mit hohem Muschelkalk- und Quarzgehalt. Der ohnedies schon sehr elegante, zartblumige Wein mit schönem Schmelz sollte unbedingt aus weit mensurierten Burgundergläsern genossen werden. Überzeugend präsentierte sich der 2019 Blaufränkisch Leithaberg DAC: Er darf in seiner kühlfruchtig-kalkbetonten, fein ziselierten, trinkvergnüglichen Art zu den aktuell besten Leithaberg DACs gezählt werden.

Premiumwein in Rot ist in Vaduz der Pinot Noir Herawingert, der sich im Jahrgang 2020 mit feiner Nase präsentiert, wobei Kirschen, Granatäpfel und Orangenzesten dominieren. Er ist ausgereift und rund, aber nicht zu mächtig. Am Gaumen folgen dunkelbeerige Aromen und erneut Kirschen, das Fassholz ist perfekt integriert. Der Wein ist saftig und glockenklar, am Beginn seines großen Reifepotenzials.

Vinothek & Verkostung im Wiener Gartenpalais
Sämtliche Weine der Hofkellereien stehen in Wien-Alsergrund, Fürstengasse 1, in der im Bereich des Gartenpalais Liechtenstein situierten Vinothek und Bar zur Degustation bereit. Kontinuierlich finden in der Fürstengasse kommentierte Weinverkostungen, vinophil-kulinarisch begleitete Konzerte und Lesungen statt.

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In der Ried Herawingert in Vaduz gedeiht Pinot Noir. © Andreas Hafenscher
Die Cuvée Herrnbaumgarten besteht je zur Hälfte aus Riesling und Grünen Veltliner.
Aus der Weinviertler Ried Karlsberg werden ein Riesling Privat und eine Cuvée gefüllt.
Prachtvoll und erstklassig: Ried Karlsberg bei Herrnbaumgarten im Weinviertel. © Hofkellerei des Fürsten von Liechtenstein
Naturnahe Weinwirtschaft wird auch in Vaduz großgeschrieben. © Julian Konrad
Produktion im Fasskeller in Wilfersdorf. © POV
Die Hofkellerei verfügt über Spitzenlagen im Weinviertel. © Hofkellerei des Fürsten von Liechtenstein
Vinothek und Bar im Gartenpalais Liechtenstein in Wien-Alsergrund. © POV