Weil die Rebsorte Blaufränkisch nicht nur in Österreich prächtig gedeiht, sondern auch in einigen Nachbarländern, hat Vinaria in der Nachlese zur VieVinum 2024 die United Nations of Blaufränkisch erstmals einer gemeinsamen Verkostung unterzogen.

Die Degustation von 106 Blaufränkischen aus verschiedensten Anbauzonen und von unterschiedlichen Bodenformationen hat zwar keine klare Präferenz für eine bestimmte Herkunft ergeben, wenn auch die österreichischen Winzer mit Abstand die meisten Weine unter den ersten zehn und 20 der am höchsten bewerteten platzieren konnten. Ebenfalls souveränen Umgang mit dieser Rebsorte bewiesen die ungarischen Weingüter, die in dieser Verkostung den ersten und dritten Platz belegen konnten – kein Wunder, steht ihnen doch die bei Weitem größte Anbaufläche zur Verfügung.

Ein weites Blaufränkischland

Aus Slowenien, wo der Blaufränkische keine so große Bedeutung wie in den Nachbarländern einnimmt, gefiel der 2020er Vrbanika von Vina Šuklje aus der Bela Krajina am besten, der Buketteindrücke von Heidelbeeren und Kakao mit dichter Textur vereinte und auf dem Gaumen so richtig funkelte. Auch der Mackovci des in einer Enklave von Prekmurje gelegenen ultramodernen Weingutes Marof wusste mit sanften, rotbeerigen Aromen sowie Extraktsüße und Balance zu überzeugen.

Etwas schwer taten sich die allerdings nicht sehr zahlreich vertretenen Lemberger aus Württemberg (Deutschland), die zumeist eine ungewohnt schlanke Bauart aufwiesen. Lobenswerte Ausnahmen bildeten die Weingüter Beurer und Lassak. Ersterer mit einem klar strukturierten wie kraftvollen Stettener Mönchberg, der mit tiefer Pflaumenfrucht und vielen Nuancen glänzte, während das zweitgenannte Gut einen reintönigen und animierenden Lemberger voll traubiger Präsenz vorstellte.

Aus der Slowakei gefielen vor allem der aus den Kleinen Karpaten kommende Frankovka modrá von Svetik, der Tintenblei und dunkle Beeren mit Definition und subtiler Eleganz vereinte, und der aus dem gleichen Anbaugebiet stammende Frankovka vom Rosenberg des Magula Family Wine Estate, dessen ausgereifter, nahezu mächtiger 2019er mit reicher Fülle und frischem Säurespiel auf individuelle Weise überzeugte.

Damit zum unmittelbaren Nachbarn nach Tschechien, von wo sich ein Prachtexemplar in der Spitzengruppe behaupten konnte, nämlich der herrliche 2018er Frankovka Premier des Weingutes Michlovský, der aus dem ausgedehnten mährischen Weinbaugebiet Velké Pavlovice an der Straße nach Brno kommt: Ein dunkler, liköriger Fruchtreigen nach Brombeeren und Cassis sowie pfeffrige Würze ergaben im Verbund mit feingliedriger, eleganter Ausstrahlung einen modellhaften Blaufränkischen aus einem Guss.

Überzeugende Kékfrankos-Versionen aus ganz Ungarn

Mit dem ersten und dritten Platz in der Vinaria Gesamtwertung lieferte die Winzerschaft aus Ungarn einen schlagkräftigen Nachweis des mittlerweile erreichten hohen Niveaus. Der mit Abstand am höchsten bewertete Maenkue des kleinen Familienweingutes Neiner aus Szekszárd fiel nicht nur durch seine enorme Dichte auf und ist quasi ein Unikum, das sich nicht wiederholen lässt, wurde er doch zum Teil aus nach einem Hagelsturm rosinierten Traubengut gewonnen, das auf unnachahmlich gekonnte Art mit den unversehrten Beeren vermählt wurde. Der dunkelbeerige Fruchtreichtum und die reifen Tannine ließen den hohen Alkoholgehalt dieses 2018ers nie schmeckbar werden.

Nahezu ebenso beeindruckend, doch völlig anders geartet erschien der schwungvoll-juvenile 2022er Diós-Kékfrankos des Weingutes Centurio, der von den vulkanischen Böden des kleinsten ungarischen Anbaugebietes Mátra stammt. Dieser ebenso freigebige wie verlockende Blaufränkische, der zehn Monate im Holzfass reifte, überzeugte mit eleganter Struktur und tiefen Fruchtaromen, die in jeder Phase den Takt angaben.

Aber auch die anderen ungarischen Herkünfte stellten einige bemerkenswerte Blaufränkische vor. So etwa die am Balaton gelegene Villa Gyetvai, deren 2021er sofort Tiefgang vermittelte und reichliche Waldbeerenfrucht mit viel Zug und Extraktsüße verband. Ebenfalls mit sattem Fruchtschmelz und viel geschliffenem Tannin punktete der Egri Kékfrankos Superior von Ferenc Tóth von 2018.

Das im nordöstlichen Landesteil situierte Weinbaugebiet Eger hat dem Blaufränkischen seit jeher eine tragende Rolle zugemessen, die ihm ja auch im traditionellen Egri Bikáver-Blend (Erlauer Stierblut) in der Regel zukommt. Eine gute Performance lieferte überdies der organisch wirtschaftende Steigler Pince aus dem benachbarten Sopron, der mit getrockneten schwarzen Beeren und süßem Holzeinsatz rund und samtig über den Gaumen glitt.

Tu felix Austria – beeindruckende Dichte, große Bandbreite

Auf jene österreichischen Top-Weine, die sich in breiter Phalanx an der Spitze versammelten, wollen wir bewusst nicht allzu detailliert eingehen, sind sie doch den Vinaria-Lesern von zahlreichen Verkostungen wohl vertraut. Eine gewisse Ausnahme sei für den zweitplatzierten Hochberc-Blaufränkischen von Albert Gesellmann gestattet, der, obschon aus dem weniger angesehenen Jahrgang 2020 stammend, eine brillante Vorstellung gab. Auf ausgeprägten Veilchenduft folgten Anklänge an schwarze Kirschen und Brombeeren; reife Fülle verband sich auf das Schönste mit glockenklarer Struktur und Finesse zu einem ungemein harmonischen Ganzen, dem wohl ein langes Leben beschieden sein wird.

Ähnliche Lobeshymnen verdienen im Übrigen der vor bezwingender Fruchtfülle nur so strotzende Ruster Plachen 2021 von Günter und Regina Triebaumer, der ebenso elegante wie vielschichtige 2021er Jungenberg von „John“ Nittnaus und der ebenfalls eine Jahrgangsüberraschung liefernde Weinberg von Reinhold Krutzler, der mit engmaschiger Struktur und feinkörnigem Tanninfonds überzeugte. Gemeinsam mit dem geradezu „geheimnisvoll“ anmutenden Blaufränkischen aus der Ried Szapary des Weingutes Groszer Wein hat er wieder einmal die optimale Eignung der Eisenberger Weinidylle für diese Rebsorte unterstrichen.

Aus den Weingefilden rund um den Neusiedler See reüssierten des Weiteren der vornehme und griffige Obere Wald des Ruster Traditionsbetriebes Feiler-Artinger sowie der von der Top-Lage Ungerberg auf der östlichen Seeseite kommende quicklebendige wie druckvolle 2019er des Golser Weingutes Juris. Von der eine erfreuliche Renaissance genießenden Carnuntiner Herkunft Spitzerberg kam das mit jugendlichem Esprit, rotbeerigem Fruchtcharme und kühler Eleganz glänzende 2016er „Liebkind“ des Weingutes Dorli Muhr, ein Blaufränkischer, der wieder einmal aufzeigte, dass auch schlanker strukturierte Weine aus kühleren Weinjahren bestens zu reifen vermögen.

Zur Verkostung: Von der VieVinum in Vinaria

Die VieVinum ist ihrem Ruf als führende Weinmesse Mitteleuropas wieder einmal gerecht geworden, als sie auf Anregung des Wine+Partner-Teams rund 90 Weingüter aus Ungarn, Slowenien, der Slowakei, Tschechien, Deutschland und Österreich ein breites Spektrum dieser immer noch unterschätzten Rebsorte unter diesem Motto präsentieren ließ. Vinaria hatte exklusiv die Möglichkeit, einen Großteil dieser Blaufränkischen einem degustativen Vergleich zu unterziehen. Für Vinaria verkosteten Viktor Siegl, Peter Schleimer und Erwin Goldfuss. Besonderer Dank gilt Elisabeta Aftin von Wine+Partners für die Organisation der Proben sowie Christian Thiery von Schloss Dürnstein in der Wachau als Gastgeber der Verkostung.

 

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Überraschungssieger der großen Vinaria Verkostung Blaufränkisch International und eingeschworenes Top-Team (v.l.): Die Brüder János, András, István Neiner. © Viktor Kovács
Albert Gesellmann aus Deutschkreutz lieferte den besten österreichischen Blaufränkisch ab. © Alex Lang
Ján Svetík von gleichnamigem Weingut in Nitra in der Slowakei. © Svetík
Miklós Gergely Filep, Weingutsleiter in der Toth Ferenc Pincészet in Eger (H). © Tóth Ferenc Winery
Zsolt Gyetvai (re) mit Winemaker Gábor Demjén von Villa Gyetvai in Balatonfüred (H). © Gabor Demjen
Steffi und Fabian Lassak aus dem Neckartal im deutschen Württemberg. © Weingut Lassak
Dr. Milos Michlovsky von Vinselekt Michlovský in Südmähren (CZ). © Vinselekt Michlovský
Dorli Muhr mit Tochter Anna und Kellermeister Lukas Brandtstätter. © Anna Stöcher
Ludányi Balázs von Centurio Wines im ungarischen Weinbaugebiet Matra. © Centurio
Weingutsleiter Markus Bach von Groszer Wein am Eisenberg. © Ian Ehm
Drei Generationen Stiegelmar im Weingut Juris: Axel, Georg und Gregor. © Armin Faber
Führungstrio Weingut Esterhazy (v.l.): Vertriebsleiter Wolfgang Hewarth, Geschäftsführer Frank Schindler und Kellermeister Robert Krammer. © Roman Seidl
Jochen und Adrian Beurer vom Demeter- und VDP-Betrieb in Württemberg. © Peter Bender
Rainer und Kathrin Stubits aus Harmisch im Südburgenland. © Stubits