Über die angebliche Enthaltsamkeit der Generation Z. Aktuell beschäftigt sich gefühlt jeder zweite Marketingvortrag mit der Generation Z, die je nach Quelle etwa die Geburtsjahrgänge 1997 bis 2012 umfasst, also Menschen, die heute zwischen gut zwölf und knapp 30 Jahre alt sind. 

Neu bei young-poets-wine: The grass is always GRNR VLTLNR von Gruber Röschitz (Weinviertel) © BISCOTTI

Die Generation Z (Gen Z)

Sie wird beschrieben als digital affin, sicherheitsbewusst, erfolgsorientiert, autonom erzogen, aber durch Covid-19 psychisch erschüttert, sensibel, ängstlich. Man macht sich Zukunftssorgen zwischen Klimawandel und den kriegerischen Ereignissen in der Welt und vor der eigenen Haustür. Gefeiert wird mit angezogener Handbremse, wozu ein steigendes Gesundheitsbewusstsein beiträgt.

Kochen und Reisen sind auch bei dieser Kohorte sehr wichtig, und darum gilt als sicher, dass der Wein bei der Gen Z nicht auf der Abschussliste steht. Im Gegensatz dazu bringen die Massenmedien, auch der ORF, immer wieder Beiträge über die „neue Nüchternheit“, die sich angeblich zu einem dominierenden Verhaltensmuster dieser Generation Z entwickle. 

Begründet wird die mit angeblich wissenschaftlich erwiesenen Erkenntnissen, dass bereits der erste Schluck Alkohol ein Gesundheitsrisiko mit sich bringe, es also nicht einmal bei moderatem Genuss von Wein positive Aspekte gebe. Festzuhalten ist, dass diese oft auch von der WHO verbreitete These wissenschaftlich nicht haltbar ist. 

Wer trinkt in Zukunft Wein?

Wahrscheinlich war die Weinwirtschaft in der Welt schon länger etwas überhitzt. Die logischen und auch notwendigen Redimensionierungen des Weinkonsums in der alten Welt – welches Land könnte heute noch mit einem Pro-Kopf-Verbrauch von über 50 Litern leben? – führten jedoch lange Zeit nicht zu einer Verringerung der Produktion, weil die europäische Weinwirtschaft die Absatzrückgänge daheim mit enormen Exportsteigerungen überkompensieren konnte. 

Hoffnungsmarkt Afrika oder Roden in Europa

Solange Afrika, das aufgrund weniger geeigneter Flächen für Eigenanbau ein Hoffnungsgebiet wäre, nicht in großem Stil die Weinkultur entdeckt, wird es in Europa zu einer weiteren Reduktion der Rebfläche kommen müssen. Es kann sein, dass die Generation Z den Wein bewusster und weniger exuberant konsumiert, aber ich bin optimistisch, dass Genuss und selbst alkoholische Getränke für zukünftige Generationen eine Rolle spielen werden.

Ab dem 30. Lebensjahr beginnt der Weingenuss

Gehobener Weingenuss beginnt bei den meisten Menschen nach dem 30. Lebensjahr. Das hat nicht zuletzt mit finanziellen Möglichkeiten zu tun. Und da hat keine Generation so schwierige Einstiegsbedingungen vorgefunden wie Generation Z. Erstens gibt immer weniger Lokale, wo guter Wein angeboten wird, speziell auf dem Land. 

Weinpreise in der Gastronomie explodiert

Zweitens wurden die Öffnungszeiten der Lokale immer mehr reduziert. Auch viele Wirte und ihr Personal folgen dem Prinzip „Work-Life-Balance“, und somit gibt es einfach weniger Möglichkeiten, Geld auszugeben. Wir haben sogar in der Weltstadt Wien Probleme, nach dem Theater, Konzert oder Kino noch ein passendes Lokal zu finden.

Drittens sind die Preise in der Gastronomie regelrecht explodiert. Besonders schlimm ist es mit der Kalkulation von glasweise ausgeschenkten Weinen im unteren und mittleren Segment. Das schreckt die Gen Z ab und treibt sie zu Fast und Streetfood, das sie sowieso cooler findet. Mit Wein kommt sie in diesen Lokaltypen kaum in Berührung. Aber generell kann niemand erzählen, dass die Jugend von heute genussfeindlich geworden wäre. Es wird ihnen der Einstieg nur viel schwerer gemacht als noch vor zehn Jahren.

Lust auf Wein: Wie kann man die Gen Z abholen?

Natürlich wollen die unter 30-Jährigen heute anders angesprochen werden, als es herkömmlich jahrelang gemacht wurde. Dazu gab es auf der Meininger Conference am Tag vor der ProWein 2025 in Düsseldorf einen sehr erfrischenden Auftritt des jungen Marketingprofis Eliah Werner, der seine neue Marke „young poets“ präsentierte.

Basierend auf die durch Umfragen gestützte Tatsache, dass zwei Drittel der Gen Z den Wein nahezu ausschließlich nach dem Etikett kaufen, hat er mit jungen Winzern aus Deutschland, Italien und Österreich eine auffällig designte Weinlinie entwickelt, die die jungen Kundschaft bereits im Regal optisch stark anspricht. Nach dem Prinzip „Stop“, „Hold“, „Close“ geht es vom auffälligen Frontlabel bis zu den interessanten Details auf dem Backlabel. 

Aufmerksamkeit erregen und „grammable“ sein

Shelf-Tests haben gezeigt, dass die Etiketten mit klobigen Buchstaben und originellen Brüchen (ausgelassene Vokale) die größte Aufmerksamkeit erregen und in wenigen Sekunden eine Botschaft transportieren. Daraus wird ein komplettes Kommunikationskonzept über alle Kanäle abgeleitet. Die Etiketten und die kurzen Slogans dazu, aber auch die informativen Rückenetiketten sind perfekt „grammable“, das bedeutet für Instagram, TikTok & Co. passend.

In der Kommunikation geht es zudem darum, eine Community zu bilden, was insofern wichtig ist, als die beste Verkaufsförderung durch Empfehlungen innerhalb der Peergroup erfolgt. Das gelingt umso besser, je stärker die Marke die Persönlichkeit ihrer Anhänger spiegelt. 

Ich denke, dass die vielen „jungen Wilden“ auch bei uns in Österreich mit ihrer frechen Sprache, alternativen Weinstilen und kreativen Labels hier richtige Ansätze zeigen. Ich habe aber kaum je gesehen, dass ein Konzept so umfassend und konsequent durchgezogen wurde wie das der „young poets“. Daher bin ich überzeugt, dass die Gen Z und auch zukünftige Generationen für die jahrtausendealte Kultur des Weins abgeholt werden können. 

Wein als Unterschied zwischen Mensch und Maschine

Vielleicht wird bald schon der Wein ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal zwischen Mensch und Maschine. Denn dass Roboter genussvoll Weintrinken lernen, kann ich mir nicht vorstellen. Die Sinne und der Verdauungstrakt gehören uns. 

Statt mit den Pessimisten mitzuheulen, sollte die Weinwirtschaft im Gegenteil Lebenslust und Fröhlichkeit verbreiten, sofern vernünftig und gesellschaftlich vertretbar, aber durchaus laut die Weinkultur bewerben und gegen den Neo-Prohibitionismus verteidigen. 

Wir müssen durch die Propagierung eines richtig verstandenen Hedonismus für ein sinn- und lustvolles Leben eintreten, ohne dass sich die Menschen dabei ruinieren. Und für alle, die es nicht wissen: Die wahre Lust ist analog

 

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WINE & DANCE von WEIN & CO Der Event-Hit für junges Publikum mit 20 Weingütern und 750 BesucherInnen seit 2019 zweimal jährlich in der Clubdiskothek Volksgarten. Nächster Termin: Samstag, 30. August, 15:00 - 21:30. © WEIN & CO./Stefan Feichtinger
© WEIN & CO./Stefan Feichtinger
young-poets-wine - Die erfolgreiche Weinlinie von Eliah Werner und jungen WinzerInnen mit 360° Marketing-Konzept. © Eliah Werner