Rasant verbreitet sich die gefährliche Rebkrankheit Flavescence dorée (Goldgelbe Vergilbungskrankheit), die von der Amerikanischen Rebzikade übertragen wird. Nach der Invasion im Vulkanland, ist die nächste Welle in der Südsteiermark angekommen. Alle Weinbaugebiete sind bedroht, Winzer fürchten eine Katastrophe!

„Wenn wir das nicht stoppen können, droht eine Katastrophe wie einst mit der Reblaus!“, hat Vulkanland Winzer Stefan Müller bereits im ersten Gespräch mit Vinaria gesagt. Seither überschlagen sich die Ereignisse. Die Invasion der Zikade, die diesmal aus Slowenien kam, schreitet rasant voran. Immer mehr Winzer identifizieren befallene Stöcke. Vinaria berichtete als erstes Medium und ist seither laufend am Ball.

Die Amerikanische Rebzikade ist nur ein paar Millimeter groß und ein Blattschädling. Die Gefahr geht von der von ihr übertragenen Rebkrankheit Flavescence dorée (FD) aus, wobei die Zikade ein Bakterium überträgt, das FD auslöst. Die Krankheit selbst schädigt die Saftgänge der Pflanze, die daraufhin nach und nach abstirbt, Rettung durch Behandlung ausgeschlossen.

Gefordert werden nun verpflichtende Spritzungen, 2. und 3. Durchgänge, sowie Rodungspflicht. Diese müssten von den zuständigen Behörden – Bezirkshauptmannschaften, Landesregierung, unterstützt von der Landwirtschaftskammer – asap angeordnet und umgesetzt werden. Das betrifft IP Betriebe (konventionelle, naturnahe Bewirtschaftung) ebenso wie Biobetriebe. Letztere hadern natürlich mit ihrem Schicksal.

„Die Zikaden streicheln….“

Was auch zu Diskussionen führt: „Weshalb müssen IP Betriebe die volle Keule spritzen, währenddessen Biobetriebe mit Kumar und Kaolin die Zikaden streicheln dürfen. Kumar und Kaolin müsste sozusagen ja auch für IP Betriebe möglich sein“, fragt ein Winzer in die hochaktuellen WhatsApp-Selbsthilfegruppe, die der steirische Weinbaupräsident Stefan Potzinger eingerichtet hat. 642 Mitglieder zählte diese Gruppe am 28. Juli 2025 bereits, darunter viele „Schwergewichte“ der steirischen Winzerszene.

Das Weinbaureferat der Landwirtschaftskammer Steiermark gibt unterdessen laufend Warnmeldungen heraus, um die Weinbauern zu sensibilisieren und auf die nötigen Maßnahmen einzuschwören. Neben verpflichtenden Maßnahmen wie Spritzung und Rodungen ist die Solidarität der Betriebe in der Steiermark gefordert. „Wir dürfen nicht mit den Fingern gegenseitig auf uns zeigen, wir müssen zusammenhalten und alle aufklären was es bedeutet, wenn die Katastrophe passiert. Der Pflanzenschutz ist sehr wichtig, aber noch viel mehr die Entfernung der Stöcke“, appelliert Topwinzer Alois Gollenz an die Kollegen.

Entfernung befallener Stöcke ist der Schlüssel

Die Rebzikade bedroht den gesamten steirischen Weinbau, ist bereits flächendeckend in den Bezirken Leibnitz, Deutschlandsberg und Südoststeiermark sowie Hartberg-Fürstenfeld und Weiz heimisch. Einmal im Jahr müssen auch Biobetriebe spritzen, „das ist allerdings zuwenig, wir brauchen drei verpflichtende Bekämpfungen pro Jahr und wirksamere Mittel für Biobetriebe“, fordert Winzer Domittner, der auch vehement für Geldstrafen gegen säumige Weinbauern eintritt. 

Immer mehr ins Fadenkreuz geraten dabei aufgelassene Weinbauflächen, die nicht mehr gepflegt werden und private Hecken mit wilden Weinpflanzen, die von der Zikade sehr gerne besiedelt werden: „Wir haben ja schon richtige Probleme, FD in bewirtschafteten Flächen in den Griff zu bekommen. Nur was passiert in den vielen unbewirtschafteten und ausgelassenen Flächen, wo Reben wieder ausgewachsen sind? Wenn sich da FD ausbreitet haben wir den Supergau!!!“, zeigt sich Winzer Hans-Peter Temmel alarmiert.

Warnung vor dem SuperGAU im Weingarten

„Ich appelliere bei Veranstaltungen immer, Reben mit Krankheitssymptomen - nicht nur Goldgelbe Vergilbung - umgehend abzuschneiden und die abgeschnittenen Triebe zu vernichten. Leider habe ich hier oftmals nur ein bedauerliches Lächeln geerntet. Wir als Rebschule und Weinbaubetrieb nehmen unsere Verantwortung jedenfalls ernst“, so Rebschulbesitzer Franz Zlodnjak.

„Wichtig ist jetzt vor allem, dass wir Winzer selber in die Weingärten gehen und alle(!) Stöcke, die Symptome haben sofort entfernen. Die Stöcke müssen ausgerissen werden, damit sie nicht wieder durchtreiben und neuerlich infektiös werden. Sollte es eine Verwechslung mit Esca oder Stolbur geben, ist das kein Problem, weil diese Stöcke auch entfernt gehören - die werden nie mehr gesund“, schreibt Stefan Potzinger in der WhatsApp-Gruppe.

Alle Weinbaugebiete in Österreich betroffen

Die Invasion der Zikade ist kein steirisches Problem, sondern ein österreichisches. Praktisch in jeder Riede in allen Gebieten finden sich einzelne Stöcke, die befallen sind. Die Zikade ist im Weinbau auch nicht neu, ganz im Gegenteil. Allerdings halten im Normalfall üblicher Pflanzenschutz und/oder natürliche Biodiversität Ausbreitung und damit Befall der Rebstöcke in Grenzen, stellen kein nennenswertes Problem dar.

Wenn sich mitten im Hochsommer Weinblätter am Rebstock gelblich verfärben, ist es sicher: der Stock ist infiziert mit Flavescence dorée (Goldgelbe Vergilbungskrankheit) und rettungslos verloren, muss sofort gerodet und vernichtet werden. © WhatsApp Gruppe
Bereits ein Fall von schwerem Befall. Die Zikade überträgt ein Virus, das sich in den Saftgängen der Pflanze festsetzt und diese so zum Absterben bringt. © WhatsApp Gruppe
Neben Blättern des Weinstocks können auch junge Traubenansätze als erstes befallen werden, diese trocknen dann rasch ein. Hier ein betroffener Sämling Stock. © WhatsApp Gruppe
Doppelte Katastrophe: Hier wurde ein schwer befallener Rebtrieb auch noch angebunden…. © WhatsApp Gruppe
Ein Zweigelt Rebstock in vollem Befall. Bei Rotwein-Stöcken verfärben sich die Blätter dunkelblau bis dunkelrot. © WhatsApp Gruppe
Dieser Stock zeigt vorerst nur als kleinen Hinweis einen angestorbenen Traubenansatz, ist aber dem Pflanzentod geweiht. © WhatsApp Gruppe
Die vielleicht größte Gefahr geht von unbewirtschafteten, verwilderten Anlagen aus – diese sind ein Dorado für die Amerikanische Rebzikade und die von ihr übertragene Krankheit Flavescence dorée. Hier muss die Rodungspflicht sofort durchgesetzt werden! © WhatsApp Gruppe
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