Furmint ist in aller Munde: Sprunghaft stiegen in kürzester Zeit die Rebflächen um das Doppelte; Tendenz exponentiell stark steigend. Vinaria hat sich in Österreich umgesehen.

Michael Wenzel © Sonja Priller

Okay, wir sprechen hier von rund 26 Hektar oder anders ausgedrückt: Furmint hat 0,1 % Anteil an der gesamten Weingartenfläche Österreichs. Eine kleine Winzerschaft mit einer stilsicheren Sorteninterpretationen überzeugt auf höchstem Qualitätsniveau, und das vor allem in der trockenen Ausbaulinie dieser äußerst anspruchsvollen Rebsorte.

Furmint – die reale Vision für Südosteuropa

Zweifelsohne wird mit dem Comeback dieser traditionellen Rebsorte eines der spannendsten Kapitel aufgeschlagen. Die Intention der Winzer ist, den Furmint in jener Klima- und Terroir-Zone zu reaktivieren, wo er über Jahrhunderte hindurch beheimatet war und ist: nämlich rund um den burgenländischen Neusiedler See mit dem Epizentrum Rust.

Michael Wenzel wie auch Hans „John“ Nittnaus schreiben der Furmint-Rebe das Potential zur weißen Leitsorte im Burgenland zu, komplementär zum Blaufränkisch, der inzwischen als Terroir-Wein im Weltformat Erfolge feiert. Michael Wenzel sieht die Furmint-Rebe als „idealen Terroir-Translator für Weine mit viel Finesse, Tiefe und Reifepotenzial“, und das gleichermaßen im trockenen wie im edelsüßen Ausbau.

Dort, wo Furmint die idealen Klima- und Bodenvoraussetzungen zur individuellen Geschmacksentfaltung vorfindet, wird diese der Gradmesser für absolute Top-Qualitäten sein. Die historische Benennung des Furmint als „Riesling des Ostens“ verweist förmlich auf das Verbreitungsgebiet und das eigenständige Qualitätsprofil.

Furmint, Tokajer, Mosler und Šipon

In Ungarn kennt man die Furmint-Rebe als Tokajer, in der Steiermark wird sie Mosler und in Slowenien Šipon genannt.

Furmint gilt als eine sehr ertragsunsichere Sorte, die warme und trockene, also ideale Wetterbedingungen verlangt. Zudem ist die Rebsorte sehr für Botrytis anfällig und verlangt viel Aufwand im Weingartenmanagement, eine Diva sozusagen.

Die Zielrichtung in Österreich liegt eindeutig im trockenen Ausbau von vollreifen und Botrytis-freiem Traubenmaterial, die erst die charaktervollen Terroir- wie Sorteneigenschaften zum Ausdruck bringen. Für den leichtgewichtigen Ausbau eignet sich Furmint nicht, da er zu geschmacksneutral ist. Eine Massenproduktion ist aus betriebswirtschaftlicher Sicht wegen des zu hohen Aufwands im Weingarten einfach zu unrentabel.

Die edelsüße Variante bleibt weiterhin als komplementäre Ausbaumethode erhalten. Für die traditionsbewussten Winzerbetriebe wie Michael Wenzel, Heidi Schröck, Claudia Giefing, Peter Schandl, Georg Seiler, Günther + Regina Triebaumer, Ernst Triebaumer u.a. besitzt diese Ausbauform allein aus weinhistorischer Wertschätzung (Ruster Ausbruch) hohen Stellenwert.

Jedoch wird aufgrund von immer seltener werdenden Botrytis-Jahrgängen (Trockenheit) und durch die Unsicherheiten im Vegetationsverlauf dieser spätreifenden Sorte immer mehr zur trockenen Ausbauweise gewechselt.

Sowohl die Tradition des Furmints als auch seine Renaissance sind untrennbar mit der Stadt und dem Weinbaugebiet Rust verbunden. Die Strahlkraft und die Pionierrolle der Familie Wenzel, die seit 1647 in Generationen Weinbau in Rust betreibt, kann hier nicht hoch genug eingeschätzt werden.

Untrennbar mit Rust verbunden

Michael Wenzel führt mit Erfolg das weiter, was sein Großvater im Jahre 1984 als Grundstein zur Furmint-Renaissance gelegt hat, als er durch den Eisernen Vorhang (ungarische) Furmint-Edelreiser nach Rust einschleuste. Heute ist Michael Wenzel so etwas wie Österreichs Furmint-Kompetenzzentrum.

Nicht minder von Bedeutung war in jener Zeit auch die Rebschule der Familie Seiler in Rust, die mit dem „Ruster Urklon“ wertvolles Genmaterial in die Neuzeit rettete.

Auf dem Leithaberg hat Hans „John“ Nittnaus mit seinem Furmint- Erstlingswerk „Tannenberg“ vom Jahrgang 2021 ein fundamentales Statement abgegeben. Toni Hartl in Reisenberg und Judith Beck in Gols verschreiben sich mit Erfolg einem auf Natural Stilistik fokussierten Furmint-Ausbau.

Nittnaus, Weninger, Wellanschitz, Lamprecht

Mit Franz Weninger in Horitschon und Stephan Wellanschitz mit seinem Projekt „Kolfok“ in Neckenmarkt sind zwei weitere wichtige Furmint-Standbeine im Mittelburgenland entstanden. Franz Wenigers jüngster Jahrgang 2020 beweist, wo die Reise hingeht: Im Furmint- Doppelpack werden präzise die unterschiedlichen Terroir-Interpretationen ausgelotet – einmal jene vom  Kalkboden (Lage Kalkofen, Mittelburgenland) und jene vom Schieferboden aus Sopron (Lage Steiner vom südwestlichsten Winkel des Neusiedler Sees).

Eine Sonderstellung nimmt Gottfried Lamprechts Herrenhof ein, der als Einziger in der Steiermark Furmint im größeren Umfang in seinem Sortiment führt. Seit 2013 füllt er Furmint, den er zuvor aus seinem Gemischten Satz-Weingarten heraus veredelt hat. Inzwischen ist Furmint mit 3,5 Hektar Ertragsfläche bereits zur Leitsorte in seinem Weingut avanciert.

Facettenreiches Geschmacksprofil

Die Palette von Fruchtnoten reicht von Quitten, Birnen, reifen Äpfeln, Steinobst, Orangenzesten, Zitrusfrüchten, bis zur Exotik (Ananas), und wird komplementär von Kräuterwürze und Schwarztee-Noten im Fruchtbild ergänzt. Furmint-Weine besitzen generell hohe Säurewerte (Weinsäure), die für Frische und straffe Fruchtführung sorgen.

Eine weitere Charakteristik des trockenen Furmints liegt im hervorragenden Alterungspotenzial, wenn er sich dann in voller Fruchtentfaltung präsentiert. Wie stille Gewächse sind die Furmint-Varietäten von Heidi Schröck: Im Jungstadium verschlossen, entfalten sie sich erst nach vielen Jahren der Reife. Seit 1991 wird Furmint im Programm geführt, der vom „Ruster Schotter“ geprägt ist, einer besonderen Bodenform, bestehend aus lehmigem Sand, Kalk und Urgestein.

Edelsüße Furmint aus Österreich sind Weltklasse

Die beiden Rusterinnen, Claudia Giefing und Heidi Schröck sind als Meisterinnen des edelsüßen Furmint-Ausbaus im traditionellen Ausbaustil eine Klasse für sich. Das geschmackliche Schlusswort obliegt jedoch dem Weingut Wenzel, das mit dem „Ruster Ausbruch“ 1999 eine stilistische Meisterleistung hinlegt, die uns eines vorführt: Edelsüße Furmint aus Österreich sind Weltklasseweine!

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Hans „John“ Nittnaus © David Schreyer
Toni Hartl © Weingut Hartl
Claudia und Erich Giefing © Weingut Giefing
Johannes, Heidi und Georg Schröck © Weingut Schröck
Franz Reinhard Weninger und Petra Gratzer-Weninger © Nicole Heiling
Gottfried Lamprecht © Herrenhof Lamprecht
Blick auf die Freistadt Rust und den Neusiedlersee © Hans Wetzelsdorfer
Der Grauschimmel „Botrytis cinerea“: Basis für die edelsüssen Juwele © Hans Wetzelsdorfer