So interessant die Premieren-Verkostung gereifter Riedenweine aus der Steiermark war, so vielfältig sind die Hintergründe. Vinaria sprach mit den fünf bestplatzierten Winzern: Wolfgang Maitz, Stefan Potzinger, Daniel Pfeifer, Erwin Sabathi und Werner Schwarz.

Gesamt- und Traminersieger Wolfgang Maitz

Vinaria: Der Traminer Ried Krois hat die Vinaria Verkostung gewonnen. Welche Beziehung haben Sie zu dieser Rebsorte?

Wolfgang Maitz: Traminer hat bei uns lange Tradition. Meine Großeltern haben ihn aus dem Vulkanland Steiermark mitgebracht und immer hochgehalten. Wir pflegen diese Rebsorte nur in kleinen Mengen. Sie vereint Vielschichtigkeit und große Tiefe. Für meine Familie und mich ist Traminer eine Herzensangelegenheit.

Vinaria: Was ist das Besondere an diesem Wein und an der Ried Krois?

Wolfgang Maitz: Wir bauen diesen Wein sehr lange im traditionellen Holzfass aus, er soll niemals kitschig sein, nie vordergründig. Neues Holz setzen wir nur sehr vorsichtig ein. Der braune Kalkmergel dieser nach Westen ausgerichteten Lage sorgt für die nötige Substanz und für Vielschichtigkeit der bodenstämmigen Aromen, für rauchige Töne. Die Abendsonne verwöhnt die Reben. Niemals suchen wir Überreife und Alkohol, wir legen unseren Fokus auf filigrane Elemente.

Vinaria: Lage vor Sorte?

Wolfgang Maitz: Ja, absolut. Bei Riedenweinen steht bei uns immer die Lage im Vordergrund, die Sorte ist nur Mittel zum Zweck, das, was am Ende des zweijährigen Ausbaus übrig bleibt. In dieser Phase müssen die Weine ohne Schwefel auskommen, das kostet Primär-Aromatik, die ohnehin kurzlebig ist. Man kann dadurch viel besser erkennen, was der Boden aromatisch in die Beeren bringt. Der Traminer hat starke Eigenaromen, die mit dem langen, völlig offenen Ausbau zurückgenommen werden.

Vinaria: Worauf führen Sie die Lagerfähigkeit Ihrer Riedenweine zurück?

Wolfgang Maitz: Reifepotenzial ist ein extrem wichtiges Thema. In der Reifephase muss ein Wein neue Facetten entwickeln. Eine ganz große Rolle spielt das Quartier, also die kleinräumige Herkunft der Trauben. Man muss als Winzer die besten, kargsten Parzellen mit den ältesten Rebstöcken identifizieren. Der Ertrag muss gering sein.  Absolut notwendig ist ein gelassener, offener Ausbau. Man begleitet den Wein nur, lässt eine langsame, moderate Oxidation zu. Da muss alles Kurzlebige verschwinden, übrig bleibt das Wesentliche. Wie schon gesagt, in dieser Phase kommt kein Schwefel an den Wein. Alles, was keinen Bestand hat, fällt aus. Dass der präsentere Schusterberg bei Verkostungen, die ja Momentaufnahmen darstellen, besser dasteht als der etwas ruhigere Hochstermetzberg, überrascht mich nicht.

 

Sauvignon Blanc-Sieger und Gesamtzweiter: Stefan Potzinger

Vinaria: Der 2013er Sauvignon Blanc Ried Sulz „Joseph“ hat die Gruppe der Sauvignons gewonnen.

Stefan Potzinger: Es ist für mich wohl einer der schönsten Erfolge, mit unserem „Joseph“ von 2013 bei den reifen Sauvignon Blancs ganz vorne zu sein. Das, was uns als Winzer am meisten bewegt, ist im High-End-Bereich sehr lagerfähige Weine zu machen. Dass mir und meinem Team 2013, einem Jahr der Gegensätze, ein solcher Wein gelungen ist, zeigt, mit welcher Exaktheit und Fingerspitzengefühl wir am Werken sind. Die Ried Sulz ist wohl eine der wärmsten Top-Rieden der Südsteiermark, nach Süden ausgerichtet und gegen Westen vor kalten alpinen Einflüssen geschützt. Unser Parzelle innerhalb der Riede Sulz liegt im oberen Teil auf rund 450 Meter Seehöhe. Der Kalkboden, der Opok, ist von Konglomeraten und Sandstein durchzogen. Die Riede Sulz ist berühmt für sehr lagerfähige Weine. Der von mir hier ausgepflanzte Sauvignon-Blanc-Typ stammt vom legendären Franz Hirschmugl, das ist ein ganz spezieller Bio-Typ, der für höchste Qualität steht. Die akribische Laub- und Traubenarbeit im Weinberg ist ein weiterer Grundstein für die Qualität des „Joseph“. Nach der Blüte streifen wir zum Beispiel bei jeder Traube einen Teil der noch ganz kleinen Beeren mit der Hand ab für einen reduzierten Ertrag und lockerbeerige Trauben. Das erfordert enorm viel Handarbeit. Der Sauvignon Blanc „Joseph“ liegt immer auf der Vollhefe. „Kleiner Jahrgang, weniger neues Holz“, lautet die Devise.

Vinaria: Nur knapp dahinter hat sich der „Joseph“ von 2010 platziert. Wie haben Sie dieses schwierige Jahr gemeistert?

Stefan Potzinger: 2010 war reifemäßig spät, wir haben gerade einmal 13% Alkohol erreicht. Gelesen haben wir erst im November, da waren die Nächte bereits sehr kalt. Das gab diesem Wein eine beeindruckende Frische. Bei der Festlegung des Lesezeitpunktes verlasse ich mich sowieso immer auf mein Gefühl, ein Refraktometer brauche ich nach Lesebeginn gar nicht mehr. Ich verlasse mich dann komplett aufs Traubenkosten. Stress gibt es während der Lese nicht. Guter Wein entsteht bei uns in sehr ruhiger Umgebung.

Vinaria: Frage an den Präsidenten des Weinbauverbandes Steiermark: Welchen Stellenwert haben gereifte Riedenweine?

Stefan Potzinger: Ein großer Wein braucht seine Zeit zur Entfaltung. Riedenwein ist die Königsdisziplin. Diese Liga bewegt die Winzer auf der ganzen Welt am meisten – und natürlich auch die Weinliebhaber. Das Reifevermögen ist ein ganz wichtiges Qualitätsmerkmal. Ein großer Wein ist wie ein Kunstwerk, das jedes Jahr neu erschaffen werden will. Das erfordert immer von Neuem den vollen Einsatz. Gemeinsam mit Vinaria konnten wir zeigen, dass die Steiermark Riedenweine mit höchstem Lagerpotenzial zu bieten hat. Die Entscheidung, dass Sauvignon Blanc die steirische Leitsorte quer über alle Gebiete sein soll, war richtig. Sauvignon Blanc ist jene Sorte, die in allen steirischen Gebieten und Weinbauorten Weltklasseweine und -qualitäten erbringt. Wir sind damit auf Augenhöhe mit den besten Weißweinappellationen der Welt.

 

Daniel Pfeifer, Erwin Sabathi, Werner Schwarz

DANIEL PFEIFER

Vinaria: Was zeichnet den 2015er Chardonnay Ried Schemming besonders aus (Sieger in der Burgundergruppe)?

Daniel Pfeifer: Die Ried Schemming liegt westlich von St. Anna am Aigen und erhebt sich wie eine Kalksteininsel aus dem Vulkanmeer. Unterhalb des Stradner Kogels, das ist ein erloschener Vulkan und mit 609 Metern der höchste Hügel im Vulkanland, neigt sich die Ried Schemming in einer Seehöhe von 300 bis 460 Metern von Südwesten nach Osten hin. Am Hangfuß ist der Sandanteil sehr hoch, hier sind es 70%, in der Hangmitte fällt er auf ca. 25% ab. Unmittelbar unter dem Sand haben wir plattig geschichteten Muschelkalk. Wir verfügen über zwei Teilflächen, jeweils 0,1 Hektar groß und mit 30-jährigen Reben bestockt. Sie liegen ungefähr in der Mitte dieser Riede, wie die besten Parzellen im Burgund. Unser Chardonnay Ried Schemming wurde in gebrauchten und neuen Barriques vergoren und für 18 Monate in diesen Fässern auf der Vollhefe ausgebaut. Abgesehen von einer kleinen Schwefeldosis haben wir nichts getan. Die Gärung war erst im August des Folgejahres abgeschlossen.

 

ERWIN SABATHI

Vinaria: Warum stach der 2013er Sauvignon Blanc Ried Pössnitzberg Alte Reben seinen Brüdern aus 2015 und 2012 aus?

Erwin Sabathi: Alle drei Jahrgänge sind hervorragend. Der Sommer 2013 war jedoch markant anders, er war extrem heiß und trocken. In den kargen Parzellen des Pössnitzberges sind die Trauben teilweise vor Hitze vertrocknet, sodass wir sie herunterschneiden mussten. 2013 ist der am steinigsten schmeckende Jahrgang, die Weine entwickeln sich nur sehr langsam, sie sind wie für die Ewigkeit gemacht. 2012 war viel schneller antrinkbar mit einer besser verständlichen Aromatik, aber auch ein großes Jahr. 2015 ist wie eine Mischung von 2013 und 2012, es liegt aromatisch dazwischen.

 

WERNER SCHWARZ

Vinaria: Der 2015er Sauvignon Blanc Ried Wunsum ist als tiefgründiger und zeitloser Wein aufgefallen. Worauf führen Sie das zurück?

Werner Schwarz: Das ist im Grunde genommen recht einfach, es ist die Kombination mehrerer Faktoren. Da ist zunächst eine konsequente Arbeit im Weingarten und im Keller, was für uns bei allen Weinen selbstverständlich ist. Der Sauvignon Blanc Ried Wunsum reift im großen Holz und bleibt dann lange auf der Feinhefe, damit er sich voll entfalten kann. Eine ganz wichtige Rolle spielen die Steilheit der Riede und der schieferhaltige Urgesteinsboden, der für das Sausal so typisch ist. Wir haben hier Terrassen angelegt.

Daniel (links) und Alois Pfeifer © Alexander Koch
Erwin und Patrizia Sabathi © Weingut Sabathi
Werner und Johann Schwarz © Weingut Schwarz