Das Weinviertel feiert als erste und somit älteste kontrollierte Herkunftsbezeichnung Österreichs ihren 20. Jahrgang. Vinaria kostete fast 200 Weinviertel DAC samt Reserven.

Rudi Schwarzböck © Steve Haider

Innerhalb dieser zwei Dekaden hat Weinviertel DAC enorme Entwicklungen durchgemacht und präsentiert sich heute als renommierte Herkunft, deren Spektrum Vertreter mit  jugendlichem Charme ebenso wie mit gediegener Reife umfasst. 

Dass eine Profilierung über die Herkunft (Weinbaugebiet) anstatt wie damals üblich über die Sorte Trumpf ist, erkannte man im Weinviertel deutlich früher als andernorts in der heimischen Weinlandschaft, nämlich vor über 20 Jahren.

Das erfolgte in Gestalt einer ausschließlich der dominierenden Top-Sorte Grüner Veltliner gewidmeten Weinviertel DAC (Districtus Austriae Controllatus). 2001 wurde zugleich mit anderen das Regionale Weinkomitee Weinviertel gegründet, 2002 der Begriff Weinviertel DAC rechtlich verankert, und Anfang März 2003 gab es schließlich die ersten Herkunftsweine.

Pfeffern, Frische, Frucht 

Die neuen DAC-Weine waren von Anfang an ein Erfolg. Als Tugenden der dieser Weinkategorie zugeordneten Kreszenzen wurden einerseits das legendäre wie sortentypische „Pfefferl“, andererseits die ausgeprägte Frische und Frucht gefeiert.

Trotz des anhaltenden Erfolgs wurde klar, dass das Weinbaugebiet von einer Premium- oder Reserve-Kategorie zusätzlich profitieren würde. 2010 kamen die ersten Weinviertel DAC Reserven – ebenfalls ausschließlich aus Grünem Veltliner – auf den Markt. 

Ab Mitte der vergangenen Dekade gewann die Kategorie unter den Winzern des Weinviertels zusehends an Beliebtheit, was sich auf die Vielfalt, insbesondere aber auch auf die Qualität merklich positiv.

Herkunftsrein, sortenrein

Unabhängig von der Kategorie besteht jeder Wein, der Weinviertel als Herkunft auf Etikett und Kapsel trägt, zu 100 Prozent aus Trauben der Sorte Grüner Veltliner und stammt aus dem größten Weinbaugebiet Österreichs. Dieses reicht von der Wiener Stadtgrenze Richtung Norden und östlich von der Donau bis zu den Grenzen zur Slowakei im Osten und zu Tschechien im Norden, in westlicher Richtung erstreckt sich die Herkunft bis zum Manhartsberg.

Dank der verschiedenen Kategorien wird der Grüne Veltliner in seiner gesamten Bandbreite abgebildet – vom knackigen, vitalen Leicht- bis Mittelgewicht mit 12 bis 13 Volumprozent Alkohol bis zu kraftvollen wie lagerfähigen Reserve-Weinen. Dabei handelt es sich durchwegs um trockene Weine. Während beim klassischen Weinviertler Herkunftswein nebst stets vorhandener Sortenwürze Frucht und Frische im Vordergrund stehen und weder Holzton noch Botrytis-Einfluss zugelassen sind, so ist bei der Weinviertel Reserve mit mindestens 13% Alkohol Etikettangabe die Bandbreite merklich umfangreicher. 

Bei den Weinviertel DAC Reserven ist die Handschrift des Winzers meist deutlich stärker ausgeprägt: Alter der Reben und Reifezeitpunkt sowie Vinifikation spielen eine Rolle, wesentlich sind auch Art und Dauer der Reifung. Neben Edelstahltanks greifen viele Winzer auch auf andere Behältnisse zurück. Häufig kommen Holzfässer unterschiedlicher Größe meist aus Eichenholz, teils aus Akazie zum Einsatz.

Vielfalt an Terroirs

Kaum verwunderlich, spielt in Österreichs größtem Weinbaugebiet mit seinen etwas mehr als 14.000 Hektar Rebfläche das vielfältige Terroir eine bedeutende Rolle. Der Osten des Weinviertels wird geologisch dem Wiener (oder Korneuburger) Becken zugeordnet. Neben Löss, Lehm oder Kalkstein finden sich hier Kies, Sand und Ton in einem eigenständigen Ablagerungsraum.

Im Westen dieses Bereichs findet man als schmalen Streifen die Flyschzone, die zu den östlichen Ausläufern der Alpen gehört und das Korneuburger Becken umrahmt; auch der Bisamberg gehört zur dieser Zone. Flysch bezeichnet Gesteine, die zum Rutschen neigen, da sie aus einer Wechsellagerung harter Sandstein- und weicherer Mergelschichten bestehen.

Daran schließt die Waschbergzone als schmales Klippenband und Begrenzung zwischen dem westlichen und östlichen Weinviertel an. Sie zieht sich von Stockerau im Süden über die Leiser Berge und Falkenstein nach Norden. Durch gebirgsbildende tektonische Kräfte kam es vor 17 Millionen Jahren zur Hochschürfung von Kalklippen aus dem Untergrund. Der überragende Teil des westlichen Weinviertels besteht aus lockeren Sedimentgesteinen wie Ton, Schluff, Sand, Kies und Kalk. 

Ganz im Westen, vor allem um Retz und Maissau, befindet sich die Böhmische Masse. Als Sammelbezeichnung für deren kristalline Gesteine wie Granit, Gneis und Schiefer hat sich umgangssprachlich der Begriff „Urgestein“ eingebürgert.

Aus dem Osten wirkt das kontinentale-pannonische Klima ein, aus dem Süden gibt es mediterrane, aus dem Westen atlantische Einflüsse; dazu kommt kalte Luft aus dem Norden. 

Gutes Niveau, tolle Spitzen

Zum 20-Jahr-Jubiläum gab es die bisher größte Verkostung von Herkunftsweinen aus dem Weinviertel, wobei klassische Vertreter aus dem Jahrgang 2021 sowie Reserven von 2020 und älter zugelassen waren.

Die Weine fielen insgesamt besonders durch Reintönigkeit, Transparenz und Sortenausdruck auf. Im klassischen Bereich wurde das dank des generell durch glockenklare Aromatik geprägten Jahrgangs 2021 noch unterstrichen.

Umso erfreulicher war die Tatsache, dass in der Klassik-Kategorie nicht nur renommierte Weinviertler Winzer reüssierten, sondern auch jede Menge weniger bekannte Betriebe. Zu ersterer Gruppe zählen der top gereihte Winzer Bernhard Gschweicher sowie die etwas dahinterliegenden Weingüter Hindler, Blaha, Fein, Deutsch und viele Weitere, tolle Überraschungen lieferten Epp-Krottendorfer, Lehner Minkowitsch, Detz, Hebenstreit, Wannemacher und Hummel.

Es zahlt sich jedenfalls aus, die vielen gut bewerteten Winzer innerhalb und außerhalb der Rankings zu durchforsten.

Tolle Weine, großes Reifepotenzial, viele Überraschungen 

Bei den Reserven hat sich die Gruppe an sehr guten und ausgezeichneten Vertretern im Vergleich zu vergangenen Verkostungen eindeutig verdichtet und gefestigt. Herausragend waren zwei gereifte Vertreter – 2009 Philipps Reserve von Schwarzböck sowie der schon früher top gereihte 2015 Ried Steinberg von Julius Klein. Die beide eindrucksvoll belegen, wie hervorragend hochwertige Weinviertel DAC Reserven reifen können. 

Wenig überraschend waren Weine aus dem ausgezeichneten Jahrgang 2019 in der Top-Liste prominent vertreten, allen voran die Große Reserve Schatzberg von Jassek sowie knapp dahinter die Reserven von Eichberger, Prechtl, Christoph Bauer, Weinwurm und Wunderer. 

Eine Riesenüberraschung lieferte das Weingut Schüller mit einer Reserve aus dem Frostjahr 2016, Dürnberg bestach mit einem nobel gereiften 2013er Rabenstein und Gschweicher mit der besten Reserve aus dem nicht ganz so einfachen Jahrgang 2020; Hofer und Prechtl in der Folge mit 2018ern und Setzer mit einer Großen Reserve Laa von 2017. Wiederum gibt es auch hier darüber hinaus eine ansprechende Anzahl von weiteren empfehlenswerten Weinen. 

„Vor 20 Jahren schufen Winzer aus dem Weinviertel mit dem Weinviertel DAC den ersten Herkunftswein Österreichs. Und diese Herkunft erkennt man blind: der echte Grüne Veltliner aus dem Weinviertel ist geprägt durch seine feine Würze und das harmonische Säurespiel. Wir feiern heuer nicht nur das 20jährige Jubiläum Weinviertel DAC, sondern auch einen aktuellen Jahrgang, der weinviertlerischer nicht mehr sein kann.“

Maria Obermayer
Geschäftführerin Regionales Weinkomitee Weinviertel

 

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Topliste Weinviertel DAC Reserve

17,6     Weingut Schwarzböck                       2009 Weinviertel DAC Philipps Reserve
17,4     Weingut Julius Klein                          2015 Weinviertel DAC Reserve Ried Steinberg
17,2     Weingut Christian Jassek                  2019 Weinviertel DAC Große Reserve Ried Schatzberg
17,2     Weingut Schüller                                 2016 Weinviertel DAC Reserve
17,1     Weingut Eichberger                            2019 Weinviertel DAC Reserve
17,0     Weingut Prechtl                                   2019 Weinviertel DAC Reserve Leitstall
16,8     Weingut Christoph Bauer                  2019 Weinviertel DAC Privat Reserve
16,8     Dürnberg Fine Wine                           2013 Weinviertel DAC Ried Rabenstein Reserve
16,7     Weingut Epp-Krottendorfer              2021 Weinviertel DAC
16,7     Weingut Gschweicher                         2021 Weinviertel DAC Klassik
16,7     Weingut Hindler                                  2021 Weinviertel DAC Ried Steinperz Urgestein
16,7     Weingut Weinwurm                           2019 Weinviertel DAC Hommage Reserve
16,6     Weingut Lehner Minkowitsch          2021 Weinviertel DAC
16,6     Weingut Gschweicher                         2020 Weinviertel DAC Reserve Kellerberg
16,6     Bio Weingut H u. M Hofer                  2018 Weinviertel DAC Reserve Ried Kirchlissen
16,6     Weingut Precht                                    2018 Weinviertel DAC Reserve Leitstall
16,6     Weingut Leo & Dagmar Wunderer  2019 Weinviertel DAC Reserve vom Sandstein

Alle Top-Listen finden Sie am Ende des Beitrags!

Stefanie und Julius Klein © Alfred Kusdat
Christan Jassek © Martin Lifka Photography
Nadine & Kerstin Schüller © Astrid Bartl
Doris und Gotthard Eichberger mit ihren Kindern. © Astrid Bartl
Sonja Rauter und Franz Prechtl © Renate Kowanz
Christoph Bauer © Astrid Bartl
Georg Klein, Michael Preyer, Matthias Marchesani, Christoph Körner vom Weingut Dürnberg © Weingut Dürnberg
Martin Krottendorfer vom Weingut Epp-Krottendorfer © Weingut Epp-Krottendorfer
Bernhard Gschweicher © Astrid Bartl
Rosi und Karl Hindler © Weingut Hindler
Lisa & Georg Weinwurm © Michael Reidinger
Agnes Lehner-Minkowitsch und Lukas Lehner © Klimpt
Hermann Hofer © Astrid Bartl
Leo & Dagmar Wunderer © Imre Antal
Martin und Nicole Blaha © Hannes Polt
Viktoria & Bernhard Fein © Mauro Vitera
Hans Setzer, Marie-Theres Setzer, Eugen Setzer und Ulrike Setzer © Maximilian Salzer