Vinaria: Wenn man an Prager denkt, ist das unmittelbar mit der Ried Achleiten verbunden. Warum ist diese Riede so berühmt und außergewöhnlich?

Anton Bodenstein: Das ist ihre Lage direkt über der Donau mir ihrem großen Mäander. Die Achleiten ist ein Eckpunkt zwischen zwei Buchten; einerseits der Thalschaft Wachau von Weißenkirchen bis St. Michael rauf und auf der anderen Seite die Bucht Richtung Dürnstein. Die Achleiten ist hier eine richtige Säule, die sich ganz bis zur Donau vorwölbt. Sie hat von der Donau bis hinauf zum Waldrand etwa 65 bewirtschaftete Terrassen.

Vinaria: Sie machen auf der Achleiten drei Veltliner und einen Riesling, darunter der Stockkultur-Weingarten. Wie hebt sich der klassischen Achleiten vom Wachstum Bodenstein ab?

Anton Bodenstein: Die Achleiten ist 21 Hektar groß, wir haben zwei Hektar, vor allem mit Grünem Veltliner bestockt. Die Stockkultur steht in der Mitte der Achleiten, auf den unteren Terrassen ist die normale Achleiten und ganz oben das Wachstum Bodenstein gepflanzt. Den Stockkulturweingarten haben wir in den späten 1980er-Jahren gekauft. Die gepflanzten Stöcke sind aus den späten 1930er-Jahren und haben bis heute keine künstliche Bewässerung. Die Stockkultur macht etwa ein Drittel unserer Achleiten-Fläche aus.

Vinaria: Warum hat die Stockkultur so ein Riesenpotenzial – vor allem in warmen Jahren, wie zuletzt laufend?

Anton Bodenstein: Die Stockkultur hat in warmen Jahren deutlich weniger Ausfälle als die Hochkultur. Aber wir haben in unserem Stockkultur-Weingarten auch einen viel höheren Arbeitsaufwand mit rund 2.000 Arbeitsstunden pro Hektar. In einem Hochkulturweingarten kommen wir mit rund 700 Arbeitsstunden aus. Zum Vergleich: Die Laubarbeit ist eine vollkommen andere, wir haben in der Stockkultur keinen Draht; wir müssen auch den Stock anders schneiden.

Vinaria: Warum tut man sich dann die Stockkultur an?

Anton Bodenstein: Vom Arbeitsaufwand her müsste die Stockkultur doppelt so viel kosten wie aktuell. Aber so schauen wir, dass wir über die Federspiele diesen Wein mitfinanzieren. Denn mir ist einerseits wichtig, mit dem Wachstum Bodenstein die genetische Vielfalt zu betonen, andererseits die Stockkultur hochzuhalten, weil diese Erziehungsform bis in die 1950er-Jahre die Geschichte der Wachau reflektiert hat und dem Klimawandel exemplarisch Paroli bietet.

Vinaria: Inwieweit dem Klimawandel Paroli bieten?

Anton Bodenstein: Wenn Sie in die südlichen Weinländer schauen, dann sehen Sie viele Weingärten mit Stockkulturen. Stockkulturen sind bei Hitze und Trockenheit ausdauernder. Die Bodennähe und die dichte Bepflanzung sind bei Hitze ein Vorteil – quasi zur Selbstbeschattung. Probleme bereitet hingegen die Stockkultur bei hohen Niederschlägen. Somit ist die Stockkultur eine gute Antwort auf den Klimawandel. Wir haben auch deutlich weniger Ausfälle als bei der Hochkultur.

Vinaria: 2021 ist ein Riesenjahrgang?

Anton Bodenstein: Ja – 2021 ist für mich ein Outstanding-Weinjahr. Ich vergleiche es mit 1993, mein Lieblingsjahr bis dato, respektive auch 1990. In diesen beiden Jahren gab es auch glockenklare Trauben, die wir ohne Botrytis lesen konnten. Vom Jahrgang her erinnert mich 2021 auch an 1997. So etwas bekommt man nicht jedes Jahr.

Das Weingut Prager ist von Vinaria seit Jahrzehnten mit der höchsten Gutsbewertung von 5 Kronen ausgezeichnet und zählt damit zum Kreise der 28 allerbesten Weingüter Österreichs. Zahlreiche Weine wurden im Laufe der Jahre mit der höchsten Weinbewertung von 5 Sternen ausgezeichnet, etliche Vinaria Trophys wurden an das Weingut Prager verliehen.

Paradewinzer Anton Bodenstein ist ausgebildeter Wissenschaftler (Bodenkultur), gilt als Pionier und Philosoph unter den Spitzenwinzern. Fragen der Nachhaltigkeit, Biodiversität und genetischen Vielfalt im Weinbau sind ihm Herzensanliegen. Er ist Teil der Hall of Fame von Vinaria.

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